Jedes Pferd ist bereits von Natur aus mit allem ausgerüstet was es braucht, um sich sicher auf jedem Untergrund bewegen zu können. Die Erkenntnis, dass Hufbeschlag dem Pferd schadet, hatte man schon im Jahr 1861.
Jeder Pferdebesitzer hat schon einmal vom Hufmechanismus gehört, nur was das genau bedeutet ist vielleicht nicht wirklich klar. Deshalb möchte dazu an dieser Stelle eine kurze Erklärung geben.
Die Spreizung der Hufkapsel bei Belastung und das Zurückkehren in die Ausgangsform nach Entlastung nennt man Hufmechanismus. Bei Belastung des Hufes federt das Hufbein nach unten. Durch den so entstandenen Druck des Hufbeins von oben, flacht die Sohle ab. Je nach Bodenbeschaffenheit trägt die Sohle so einen erheblichen Teil der Last mit.
Das Hufbein ist über die Lammellenlederhaut fest mit dem Wandhorn verbunden. Wenn der Huf Last aufnimmt und das Hufbein nach unten federt zieht es über die feste Verbindung durch die Lamellenlederhaut an dem Wandhorn. Das ist die Grundlage für fast alle Huffunktionen.
Das Pferd hat ein vergleichsweise eher kleines Herz, das gerade einmal 0,5- 1% seines Köpergewichts ausmacht. Als Fluchttier ist es aber darauf angewiesen, große Leistungen vollbringen zu können. Allein wäre das Herz dieser Aufgabe nicht gewachsen. Hier kommen die Hufe ins Spiel. Sie wirken wie eine Pumpe und unterstützen das Herz so bei der Blutzirkulation.
Hufpumpe (Huf unbelastet)
Hufpumpe (Huf bei Belastung)
Wenn die Hufkapsel sich durch Belastung spreizt, werden die Blutgefäße in der Huflederhaut weit gezogen und Blut kann einströmen. In der Entlastungsphase zieht sich die Hufkapsel wieder zusammen und das Blut wird wieder aus den Hufen herausgepresst und zum Herzen zurück gepumpt.
Unterhalb des Karpal und Tarsal Gelenks befindet sich keine Muskulatur mehr, die durch Muskelkontraktion den Blutumtrieb unterstützen kann. Um aber die Hufe optimal mit Nährstoffen zu versorgen und den Abtransport von Abfallprodukten zu gewährleisten, ist das Pferd, ganz zu schweigen von seiner Leistungsfähigkeit, auf eine funktionierende Hufpumpe angewiesen.
Ein Stoßdämfungssystem ist wichtig, damit die auf das Bein wirkenden Kräfte nicht zu Schäden führen, eigentlich ganz logisch. Der Huf alleine bietet hier schon vier Stoßdämpfungseigenschaften.
Spreizung der Hufkapsel bei Belastung
Elastische Lagerung des Hufbeins
Zu diesem Thema gibt es auch eine Doktorarbeit von Luca Bein an der Universität Zürich aus dem Jahr 1984, die belegt, dass ein mit normalen Eisen beschlagener Huf im Vergleich zu einem unbeschlagenem Huf (Trab auf Asphalt) ca. 60- 80% stärkeren Erschütterungen ausgesetzt ist, also 60- 80% weniger Stoßdämpfung hat.
Der Huf bietet dem Pferd guten Griff auf jedem Boden. Dazu tragen die Keilform von Hornkapsel und Strahl, die gummiartige Konsistenz des Strahlrohrs und die Reibung des harten Hinterhorns bei. Die Eckstrebenwinkel bilden eine zusätzliche „Rutschbremse“.
Die Flexibilität des Tragerandes, sich dem Untergrund anzupassen und das Hineinspreizen des Hufes in den weichen Boden (Hufmechanismus) erhöhen nochmal den Halt. Dazu kommt noch die Saugglockenfunktion des Sohlengewölbes. Sie verursacht z.B. das schmatzende Geräusch auf nasser Straße.
Barhufpferde haben einen Tastsinn in ihren Hufen, der sie vor mechanischen Einflüssen schützen kann. Dadurch können sie den Boden ergründen und sich den besten Weg raussuchen anstatt einfach blind drauf los zu laufen.
Außerdem schützt die dicke Hornschicht vor Fremdkörpern. Das Horn hat auch sehr gute isolierende Eigenschaften, die das Pferd im Sommer und im Winter schützen. Durch Bewegung kann das Pferd zusätzlich Wärme erzeugen, die die Durchblutung auf natürliche Weise unterstützt.
Es bleibt also festzuhalten, dass jeder dauerhafte Hufschutz negative Folgen für die Hufgesundheit und somit auch für die allgemeine Gesundheit des Pferdes hat.
Der für das Pferd so wichtige Hufmechanismus wird behindert und bei Beschlag sogar ganz ausgeschaltet. Ein natürlicher Hornabrieb kann nicht mehr stattfinden. Beim Beschlagen werden die Hufe durch die Nägel beschädigt.
Es werden unnatürliche Schwingungen in Huf und Bein geleitet. Außerdem verändert sich die Hufform. Der Huf wird enger, weil das Spreizen der Hufkapsel bei Belastung und das Zurückkehren in die Ausgangsform bei Entlastung durch den Beschlag unterbunden wird. Auch die Verletzungsgefahr anderer Tiere, wenn das Pferd austritt, ist bei Gruppenhaltungen nicht zu unterschätzen.
Folge des gestörten Hufmechanismus ist eine schlechte Nährstoffversorgung der unteren Extremitäten, da die Durchblutung maßgeblich beeinträchtigt wird, was wiederum zu schlechter Hufqualität und schlechtem Hornwachstum führen kann. Die Verbindung zwischen Hufbein und Hufkapsel kann geschädigt werden und es können Zerrungen in der Lamellenlederhaut entstehen.
Letztlich wird die Nervenfunktion gestört und das Schmerz- und Tastgefühl des Pferdes werden eingeschränkt. Die natürliche Griffigkeit des Barhufs geht ebenfalls verloren und die natürlich Stoßdämpfung wird negativ beeinflusst.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Aufgaben und Funktionen des Hufes auf dieser Seite ein wenig näher bringen. Zu Abschluss möchte ich noch auf den Artikel Beschlag vs. Barhuf von meinem NHC Kollegen Jörg Weber hinweisen, in dem er auch die historische Seite des Hufbeschlags beleuchtet.